In einem anderen Post habe ich bereits einmal geschrieben, dass ich persönlich eine gleichzeitige Preis- und Leistungserhöhung nie im Opt-Out-Verfahren vornehmen würde, weil da der Ärger mit den Kunden vorprogrammiert ist. (obwohl der Vertrag oder die AGB’s das vielleicht sogar zulassen würden)
Grund dafür ist einfach, dass der “gesunde Menschenverstand” der Kunden normalerweise ganz klar auf “Opt-in” vorgespurt ist.
Wenn man als Anbieter anders vorgeht, muss man also sicher einen konkreten Grund dafür haben und sich daraus auch einen Nutzen erhoffen.
Handgelenk mal Daumen habe ich mal kurz überschlagen, wie gross der potentenzielle Mehrgewinn der Swisscom aus dieser eigentlich kundenunfreundlichen Massnahme denn ungefähr sein könnte.
Die internen Zahlen der Swisscom kenne ich nicht, aber defensiv habe ich mal angenommen:
- Anzahl der Internet S Abos: 200′000
- Verweigerungen bei Opt-Out-Verfahren: 10% des Abobestandes, d.h. 90% der S-Abos führen zu Mehreinnahmen von CHF 60 pro Abojahr
- Abo-Upgrades bei beworbenem Opt-In-Verfahren 20% des Abobestandes, d.h. nur 20% der S-Abos fûhren zu Mehreinnahmen von CHF 60 pro Abojahr
Im Opt-Out-Verfahren ergeben sich also jährlich Mehreinnahmen von ca. 10,8 Mio. CHF (180′000 Abos mit Preiserhöhungen von CHF 60/Jahr.
Im Opt-In-Verfahren ergeben sich bei geschätzten 40′000 expliziten Upgradern nur jährliche Mehreinnahmen von ca. 2,4 Mio pro Jahr.
Der Unterschied sind also sicher mind. 8 Mio CHF pro Jahr, in Wirklichkeit ist es vermutlich noch um einiges mehr.
Da die Gestehungs- und Servicekosten für die Swisscom in beiden Varianten absolut gleich sind, handelt es sich übrigens bei den mind. 8 Mio. CHF Unterschied nicht nur um eine Umsatzsteigerung, sondern um zusätzlichen wiederkehrenden Netto-Reingewinn pro Jahr.
Ob ich jetzt diese Gewinnsteigerung der Swisscom gönnen mag oder nicht, weiss ich übrigens noch gar nicht so recht.
Im Rahmen des laufenden Personalabbaus wären das nämlich ungefähr 30-40 Mitarbeiter, welche vielleicht ihre Stelle behalten könnten, aber als Kunden haben wir natürlich keinen Einfluss darauf, ob jetzt mit den zusätzlichen Einnahmen Stellen im Kundenservicebereich erhalten bleiben, oder ob einfach in einen noch weiter “verfeinerten Verkauf” zur Gewinnung von weiteren Marktanteilen mittels Subventionierung von Neukunden investiert wird.
Als Gesamt-Verantwortlicher einer Firma würde ich allerdings die Kundenzufriedenheit und die Firmenreputation bei einer Unternehmung dieser Grössenordnung jedoch in jedem Fall höher einschätzen als die 8 bis max. 15 Mio. jährlichen Mehrgewinn unter gleichzeitiger Inkaufnahme des sicher aufkommenden Kundenärgers.
Aus meiner Sicht also ein klarer Führungsfehler, bzw. Vorgaben an das Produktmarketing, welche eigentlich den mittel- bis langfristigen Gesamtunternehmenszielen widersprechen.