Dass sich die Interessen der verschiedenen Teilnehmer am Telekom-Markt nicht decken ist eigentlich selbsterklärend.
Die klassischen Telcos, die Kabelnetzanbieter, die Liegenschaftseigentümer und die Mieter als Konsumenten der Serviceangebote, alle haben sie (sei es aus der Historie heraus oder aus wirtschaftlichem Antrieb) teilweise sich widersprechende Erwartungen an eine Regulierung der Rahmenbedingungen.
Die Gesetzgebung muss die Aufgabe erfüllen, dafür zu schauen, dass das ganze einigermassen fair abläuft, und kein Einzelner die anderen einfach über den Tisch ziehen kann. Im Sinne eines gut schweizerischen Kompromisses ist die Aufgabe vermutlich dann gut erfüllt, wenn die mittlere Unzufriedenheit unter den Beteiligten gleichmässig verteilt ist.
Wenn man jetzt aber mal bewusst auf die Interessen der Kunden schaut (was natürlich sowieso immer alle Anbieter behaupten zu tun, und zwar unabhängig von dem was sie dann konkret tun) dann fällt auf, dass für einen freien und fairen Wettwerb zwischen den Anbietern immer noch viel zu viel Zwangsbündelungen in den Produkten drin ist, und dies von der momentan noch aktuellen Gesetzgebung auch zugelassen wird.
Der Access (der Zugang zur Internet-Dose beim Kunde) ist heute immer noch sehr stark verknüpft mit dem jeweiligen Netzanbieter und den darauf abonnierbaren Produkten und Services für die Kunden, welche meistens überhaupt nur als Zwangskombis erhältlich sind.
Dies führt z.B. für viele nicht “Glasfaser-erschlossene Kunden”, welche nicht in den Grossstädten wohnen, zur Situation, dass das für sie eigentlich “beste” Angebot, nämlich Internet über das schnelle Kabelnetz, TV als komfortables IP-TV-Angebot und Festnetztelefon bei einem frei wählbaren Anbieter, gar nicht erhältlich ist.
Diese für viele Kunden unbefriedigende Situation hat leider für die beiden Grossanbieter nur Vorteile. Die Zwangsbündelung erlaubt nämlich
- der Swisscom weiterhin ihre längst amortisierten, aber technisch überholten Kupferleitungen nicht ersetzen zu müssen, weil die Kunden mit dem TV Angebot akquiriert werden können und das “lahme” Internet dann halt einfach in Kauf nehmen müssen
- der Cablecom mit dem gegenüber “Kupfer” schnellen Internetzugang des Kabelanschlusses ihre Kundenbasis davon abzuhalten zu den komfortableren IPTV-Angeboten überzulaufen
Die Benachteiligten dieses tendenziellen Duopols im Schweizer Breitbandmarkt sind eigentlich im wesentlichen die Kunden und die kleineren Dritt- und OTT-Serviceanbieter.
Das spannende an dieser laufenden Gesetzesrevision, ist es meines Erachtens, ob da verstärkte Massnahmen für den frei verfügbaren Netzzugang auf der vielzitierten “letzten Meile”, Verbote für umfassende Zwangsbündelungen der Anbieter, und allgemein bessere Rahmenbedingungen für frei verfügbare “OTT-Angebote” hinzukommen, oder ob das ganze durch das intensive Lobbying der Telcos nochmals erneut in der “relativ harmonischen” Selbstzufriedenheit des aktuellen Duopols schlafen gelegt werden kann.
Grundsätzlich hat es das Parlament in der Hand den weiteren Weg zu bestimmen. Es könnte die Interessen der Kunden und die volkswirtschaftliche Effizienz auch mal ein wenig stärker gewichten als die individuellen Unternehmensinteressen der grossen Telcos…
Wir können gespannt sein und wir werden sehen…