Bez. Hausverkabelung mit Cat7 / DSL-Anschluss
Ich weiss, dass es hier eigentlich fast nur darum geht, dass der Support das Problem auf eine Installation abweisen kann, solange die nicht "Normgerecht" oder nach Empfehlung ist.
Nichtsdestotrotz hab ich mir aber aus eigener Interesse die Datenblätter des Kabels und Steckers angeschaut und mit der Hilfe eines Kollegen ein paar Überlegungen durchgeführt.
Wie @Tux0ne gesagt hat - bei DSL werden ja hauptsächlich bestehende Leitungen für einen "neuen" Zweck gebraucht, und die Empfehlungen haben sehr viele weitere Komponenten als nur "beste Übertragung".
Dieser Kommentar hier ist natürlich nicht ganz ernst zu nehmen, damit möchte ich auch niemanden ansprechen. Ich habs als gute Übung gesehen: )
- Kabel: ca. 15m Cat7A (Dätwyler CU 7150 Multimedia 4P S/F, 18292500CK)
- Terminierung: an beiden Enden geschirmte 6A-RJ45-Buchsen (Feller 1180-1.C6AS)
Auszug Wikipedia für Cat7A:
Klasse FA (Class F Augmented – Klasse F verbessert) Kanäle und Kategorie 7A Kabel, welche mit ISO 11801 Edition 2 Amendment 2 (2010) eingeführt wurden, sind definiert für Frequenzen bis zu 1000 MHz, sind geeignet für zahlreiche Anwendungen einschließlich CATV (862 MHz). Jedes Kabelpaar bietet 1200 MHz Bandbreite.
Ergebnisse von Simulationen haben gezeigt, dass mit 40-Gigabit-Ethernet Übertragung über 50 Meter und 100-Gigabit-Ethernet über 15 Meter möglich ist.
2007 zeigten Forscher der Pennsylvania State University, dass entweder 32-nm- oder 22-nm-Schaltkreise 100-Gigabit-Ethernet über 100 Meter ermöglichen würden.[12][13]
Die Kategorie 7A ist von TIA/EIA-568 nicht anerkannt (übernommen worden).
Heisst, dass die Impedanz usw. eine Frequenz bis 1000 MHz zulässt.
Bei Cat6A ist die Performance für 500MHz definiert.
Bei U72m-Kabel konnte ich leider nirgends konkrete Angaben zur Impedanz finden, auch keine weiteren konkreten Spezifikationen. Auf Wikipedia findet sich knapp der Farbcode, Leitungsdurchmesser sowie dieser Abschnitt:
Das Fernmeldekabel U72 wird vorwiegend in Gebäuden als Telefon und Schwachstromleitung eingesetzt. In der Bezeichnung bedeutet U: Universalkabel, 72: Herstelljahr 1972. Das Kabel wird heute mit halogenfreier Isolation hergestellt, der Aufbau ist eine Viererverseilung ebenso wie in Deutschland. Jeweils fünf Sternvierer zusammengefasst bilden ein Bündel mit insgesamt 20 Adern.
Für mich ist "Universalkabel" aus 1972 eigentlich betreffend HF nicht gerade enorm vertrauenserweckend.
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Da ein Kabel vereinfacht gesehen ein Tiefpass ist, sollte meine Installation rein von der Dämpfung her unterhalb 1000 MHz resp. 500MHz eigentlich keine Probleme haben. Auch wenn ich im Cat7A-Kabel die anderen Adern nicht auf GND verbinde, sollte die Abschirmung ausreichen (Bei Ethernet sind es ja auch getrennte Datenströme, heisst die anderen Adern haben sogar HF-Signale drauf. Wenn jetzt da trotz Schirmung ein bisschen niederfrequentes Noise eingekoppelt wird.. na gut. Auch ein Übersprechen würde minimal sein auf die Distanz).
Ein grösseres Problem wäre aber die Reflektionen.
Diese treten jeweils bei einer Impedanzänderung auf, konkret also bei dem Übergang im Anschlusskasten und bei jedem Stecker dazwischen.
Da ich keine Angaben zum U72m oder zu der Swisscom-Anschlussleitung finde, kann ich da aber nichts berechnen und bleibe bei Spekulationen und Beobachtungen:
Der Aderquerschnitt ist in etwa ähnlich, (0.6438mm vs 0.5mm U72), das U72 hat aber keine Schirmung (heisst eine viel kleinere Kapazität gegen GND). Da aber jeweils 4 Adern verdrillt sind, wären die zwei unbenutzten Adern ja mitgekoppelt.
Da diese Mitkoppelung wie eine Antenne wirkt, die das Signal auffängt und dann wieder abgibt, kommt es da wahrscheinlich auch schon wieder zu Reflektionen. Das heisst, dass idealerweise nur ein 2-Adriges U72m benutzt werden sollte, was auch oft nicht der Fall ist und kaum bemängelt wird. Sogar im Fachhandel ist das Angebot für 4-Adrige U72 viel besser, an 2-Adrige kommt man nur mit 100m-Spulen oder ähnlich. Und auch da oft nicht geschirmt. (Referenz: E-M Webshop).
Die Anschlussklemmen oder Schraubklemmen stellen ja geläufig auch "kein" Problem dar. Klar, man sollte den Gebrauch minimieren, aber wenn da ein ungeschirmtes U72 auf eine Schraubklemme geht, und dann wieder auf ein ungeschirmtes Stück U72 - "kein Problem" solange keine BridgeTaps gemessen werden / der Verdacht fällt nicht sofort auf die Schraubklemme.
Aber bei einer Schraubklemme hat man einen grossen Metallblock mit nicht klar definiertem Querschnitt, je nachdem schlechtem Kontakt auf das Kabel, nicht definierter Kapazität zwischen den einzelnen Klemmen. Wenn man es genau nimmt, dann ist die grössere Fläche zwischen den Adern eigentlich eine ungewollte Kapazität, die einen LC-Filter bilden kann. Klar, es handelt sich hier um pF, aber (aus Versuchen in der Lehre) ist so eine Kapazität durchaus schon messbar und kann sich im VHF-Bereich schon negativ auswirken.
Bei einer RJ45-Buchse der Kategorie 6A gibt es eigentlich nur kleine Leitungsquerschnittsänderungen, da man hier ja unbedingt den Crosstalk und Reflektionen bei den spezifizierten Frequenzen vermeiden möchte. Ein Cat6A-Kabel ist für 10GBASE-T-Verbindungen bis 100m ausgelegt, da muss also zwangsläufig auch der Stecker zumindest teilweise mithalten können.
Mein Setup RJ45 <-> 15m Cat7A <-> RJ45 sollte also theorethisch mindestens 10Gbit durchbringen, ich würde von Messungen also erwarten, dass bis zu 500MHz keine negativen Effekte spürbar sind. Das Kabel selber ist sogar für bis 40Gbit ausgelegt...
Die grösste Reflektion wäre also eigentlich beim Übergabepunkt, wo die Impedanz der Swisscom-Leitung auf die der Hausinstallation trifft. Diese hätte man aber auch bei einem normalen U72m-Anschluss. Wie gross sie ist kann ich jetzt leider nicht ausrechnen, aber wenn ich Faktoren oben bedenke...
Ich behaupte mal, dass eine Cat7A/Cat6A-Installation auf 20m für DSL sogar besser ist, als eine Installation mit einem ungeschirmten, 4-Adrigen U72 + Schraubklemmen an beiden Enden.
Falls das jemand widerlegen kann, zahle ich der Person mit Freuden eine Pizza; )
Wie dem auch ist - ich mache mir das Leben einfacher und lasse mein Anschluss direkt via mitgeliefertem Kabel an der Überspannungsgeschützten Klemme 😄
PS:
Mit diesem Thread bin ich von der ursprünglichen Fragestellung eigentlich relativ weit abgeschweift.
Dabei habe ich aber enorm viel gelernt, vielen vielen Dank an alle, die ihren Senf dazu gegeben haben! Wirklich!