@LouisCyphre
Falls Du mal die Möglichkeit hast, in die Budgetierung oder in einen Businessplan einer marketingorientierten Firma reinzuschauen (und Swisscom gehört hier mit Sicherheit dazu), würdest Du sofort erkennen, dass Neukundengewinnung zu den teuersten Tätigkeiten/Budgetposten überhaupt gehört.
Durch Kündigung verlorene Bestandeskunden durch sehr teuer erkaufte Neukunden zu ersetzen, macht also weder imagemässig noch finanziell in irgend einer Weise einen Sinn.
Zusätzlich ist es auch so, dass die Verhinderung einer bereits ausgesprochenen Kündigung (sogenannte Stornobekämpfung) in den allermeisten Fällen schon wesentlich günstiger ist, als die Neukundengewinnung. Es gibt auch bereits Branchen im Businesskundenbereich, in denen es durchaus üblich geworden ist, routinemässig immer per Vertragsablauf zu künden, damit man eine bessere Verhandlungsposition für die Vertragsverlängerung erhält.
Grundsätzlich gilt natürlich immer noch die Marktwirtschaft und bezogen auf den Durchschnitt der privaten Swisscomkunden, kann man eigentlich nur eines mit Sicherheit sagen:
"Zum Glück für die Swisscom und natürlich auch für die anderen Telco-Anbieter haben sie mehr als genug Geld, sind wenig preissensibel und sind in der Mehrheit auch zu faul um wirklich mit Engagement um ihre persönlichen Kundeninteressen zu kämpfen"
Würde die Mehrheit der Swisscom-Kunden ihre Verträge regelmässig per Ablauf künden, würde vermutlich die Preisgestaltung mittelfristig und das Marketingbudget (Forcierung des Bestandeskundenerhalts) sofort völlig anders aussehen.
Eine aus Anbietersicht gewinnoptimierende und auch pragmatische Handlungsweise besteht übrigens darin, die Bestandeskunden höchstens soweit zu benachteiligen, dass sie noch knapp nicht abspringen, also allerhöchstens bis zur Schmerzgrenze.
Wenn ein Bestandeskunde dann tatsächlich abspringt und man ihn wirklich durch einen "sauteuren" Neukunden ersetzen muss, hat man als Anbieter in jedem Fall etwas falsch gemacht.
Dass die Bonussysteme für Verkäufer die Neukundengewinnung teilweise wirtschaftlich unsinnig übergewichten, ist kein Widerspruch, sondern ein Managementfehler. Ein fokussierter Vertrieb kann halt meistens nichts anderes als Neuabschlüsse tätigen, und gewisse Erfolgserlebnisse brauchen sie, sonst bricht dann bei der aufs "Fressen" ausgerichteten Vertriebstruppe schnell eine "Meuterei" gegen die Unternehmensleitung aus, und auf die Neukundenakquisition vollständig verzichten, kann man natürlich auch nicht.
Bezeichnenderweise wird die Stornobekämpfung bei Bestandeskunden in den meisten Firmen nicht direkt vom Vertrieb durchgeführt, da für eine erfolgreiche Kundenansprache bei bereits erfolgter Kündigung eigentlich andere Personalqualifikationen erforderlich sind als für das "schnelle Abdrücken" bei der Neukundengewinnung im Consumerbereich.