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FERNSEHENNationalrat entfacht EntrĂ¼stung Ă¼ber Replay-TV-Verbot
TV-Sender und Kabelnetzbetreiber kritisierten die neuen Regeln fĂ¼r das Replay-TV: Sie sollen sich Ă¼ber das Ăœberspulen von Werbung einigen.
Veröffentlicht am 01.11.2018 - 11:46 Uhr
Die nationalrätliche Rechtskommission will Regeln fĂ¼r das Replay-TV aufstellen. Die Sender und die Kabelnetzbetreiber sollen sich dabei Ă¼ber das Ăœberspulen von Werbung einigen. Dagegen erhebt sich ein Sturm der EntrĂ¼stung.
FĂ¼r die KonsumentenschĂ¼tzer ist beim Vorschlag der Nationalratskommission klar, dass die TV-Zuschauer die Gelackmeierten sein werden. Im Endeffekt werde das zeitversetzte Fernsehen verboten, sagt CĂ©cile Thomi, Rechtsexpertin bei der Stiftung fĂ¼r Konsumentenschutz.
Die Fernsehsender nämlich hätten alles Interesse daran, die Zuschauerinnen und Zuschauer auf ihre eigenen Internetseiten zu locken. Dort sei Replay-TV unbeschränkt nutzbar - allerdings mit saftigen Kostenfolgen. So sei es nicht einsichtig, weshalb die Sender den Kabelnetzbetreibern das Ăœberspulen der Werbung erlauben sollten.
Am Volk vorbei
Im weiteren gibt Thomi zu bedenken, dass die Sender von den Verbreitern LizenzgebĂ¼hren fĂ¼r die Replay-Erlaubnis erheben dĂ¼rften. So könnten nur noch die grossen Netzbetreiber wie etwa Swisscom oder UPC die Funktion anbieten und wĂ¼rden die Mehrkosten auf die Konsumenten abwälzen.
Die Politiker liessen sich hier blauäugig zu einer Regelung hinreissen, die weit weg von den BedĂ¼rfnissen der Bevölkerung liege. Die Spulfunktion sei nämlich äusserst beliebt. Spätestens bei der Beratung der Vorlage im Parlament werde ein Aufschrei durchs Land gehen, prophezeit Thomi.
Der gleiche Aufschrei sei schon beim entsprechenden Vorschlag in der Revision des Fernmeldegesetzes durchs Land gegangen. Daraufhin habe die Fernmeldekommission die Regelung ins Urheberrechtsgesetz verschoben und die Rechtskommission des Nationalrats damit betraut.
Auch seitens der Verbreiter ist die Unzufriedenheit mit der Rechtskommissiongross. Suissedigital, der Dachverband der Schweizer Netzbetreiber, rechnet ebenso wie der Konsumentenschutz mit Mehrkosten fĂ¼r die Endabnehmer. Die grossen TV-Sender dĂ¼rften sich das Recht aufs Ăœberspringen der Werbung "fĂ¼rstlich bezahlen lassen", schreibt der Verband.
Kein Recht mehr auf Privatkopie
Das bewährte Recht auf Privatkopien von frei empfangbaren TV-Sendern werde unterhöhlt, bemängelt Suissedigital weiter. FrĂ¼her seien die Kopien auf Rekordern gespeichert worden, heute auf der Replay-TV-Plattform.
Replay-TV in der heutigen Form werde es nicht mehr geben, denn die Werbung werde nur bei einzelnen Sendern Ă¼bersprungen werden können. Damit wĂ¼rden die Erträge der Verwertungsgesellschaften fĂ¼r die KĂ¼nstlerrechte sinken und mit ihnen das Entgelt fĂ¼r die Kulturschaffenden. Swisscom, UPC, Sunrise & Co. zahlten Ă¼ber 120 Millionen Franken an die Verwertungsgesellschaften.
Der Kabelnetzbetreiber UPC hält fest, die Konsumenten wollten Unterhaltung, wann und wie es ihnen beliebt. Replay-TV sei darum nicht mehr wegzudenken.
TV-Werbeumsatz seit Replay gestiegen
Der Vorschlag der Kommission stehe im Widerspruch zum bisherigen gemeinsamen Tarif. MĂ¼sse fĂ¼r die Replay-Funktion neben dem bereits bestehenden Entgelt noch extra bezahlt werden, sei dies eine doppelte Bezahlung an die TV-Sender.
Zudem widerspricht UPC genau wie Swisscom den Klagen der Sender, dass die Werbeeinnahmen seit der EinfĂ¼hrung von Replay-TV 2012 gesunken seien. Der TV-Werbeumsatz sei gemäss Zahlen der Stiftung Werbestatistik Schweiz im Gegenteil von 726 Millionen auf 774 Millionen Franken im Jahr 2017 gestiegen.
FĂ¼r Swisscom-Chef Urs Schaeppi ist grundsätzlich klar: Der Kommissionsvorschlag "ist konsumenten-unfreundlich". Er stehe quer zu den MarktbedĂ¼rfnissen. Und letztlich schwäche er die herkömmlichen Sender gegenĂ¼ber neuen Anbietern wie Netflix.
Netzbetreiberin Salt verweist ebenfalls auf den bestehenden gemeinsamen Tarif, zu dem der Kommissionsvorschlag ihres Erachtens im Gegensatz steht. Zudem verkompliziere die Kommission die TV-Verbreitung.
110 Millionen Franken Verlust fĂ¼r TV-Sender
Die Interessengemeinschaft Radio und Fernsehen (IRF), zu der die SRG, Privatsender sowie in- und ausländische Anbieter gehören, hält nichts von der Kritik. Die Sender wollten Replay nicht verbieten und erhielten im Kommissionsvorschlag auch gar nicht das Recht dazu.
Die grossen Verbreiter wie etwa UPC hätten 2017 aber 246 Millionen Franken fĂ¼r Replay kassiert und den Sendern gerade einmal 9,7 Millionen davon zugeleitet. Diese einseitige Bereicherung sei unfair. Es gehe den Netzbetreibern nur ums eigene lukrative Geschäft.
Tatsache sei, dass einzelne Sender durch das Ăœberspringen Werbeeinnahmen verlören - 2017 allein 110 Millionen Franken. Sollten die Netzbetreiber wie bisher abkassieren, sei die Existenz der werbefinanzierten, frei erhältlichen TV-Programme und damit die Medienvielfalt gefährdet, bilanziert die IRF.
Die Rechtskommission des Nationalrats will in ihrem Vorschlag zur Revision des Urheberrechtsgesetzes Regeln fĂ¼r Replay-TV aufstellen. Sie will im Gesetz verankern, dass die Sender direkt mit den Kabelunternehmen Ă¼ber die Möglichkeit zum Ăœberspringen von Werbung verhandeln können.
(sda/mlo)